Mittwoch, 2. Juli 2014

Tag 97: Das Schuldenbäuerlein und der Geldscheisser oder eine meiner Lieblingssagen

Wir landen nochmals bei den Kröten.
Diese Sage fand ich im Buch Alpensagen - und Sennengeschichten aus der Schweiz, nacherzählt von C. Englert-Faye, erschienen anno 1941 im Atlantis Verlag in Zürich. Zeitgemäss finden sich darin auffälligerweise Judensagen -obwohl der Verlag wegen den Nazis in die Schweiz kam- und eben auch die Sage vom Schuldenbäuerlein und dem Geldscheisser:

Wir begegnen einem armen Bauern im Reusstal, der sich Sorgen macht, wie er seine Familie durchbringen soll. Unterwegs triff er im Wald einen Fremden im Ledergewande, dem er seinen Kummer anvertraut. Der Fremde weiss Rat und heisst den Bauern unter einem Weisshaselbusch zu graben, wo eine Mistel sitzt. Dies soll er in der heiligen Nacht tun, wenn es zur Wandlung läutet, und zwar so tief, wie die Mistel hoch sitze. Dort werde er eine Kröte finden, die er nach Hause bringen und ihr einen Franken hinlegen soll. Dieser werde sich verdoppeln. Nun könne er jeden Tag einen Franken mehr hinlegen und das Geld werde sich in alle Zukunft täglich verdoppeln.
Der Bauer tut, wie ihm geheissen und es funktioniert. Schon bald ist er reich, wie er es sich gewünscht hat. Materiell geht es ihm jetzt gut, aber immateriell spürt er zunehmend, dass ihm sein Geldscheisser nicht geheuer ist.
Eines Tages hat er genug vom Geld und will sich des Geldscheissers entledigen. Er steckt ihn in ein teures seidenes Sacklümpli, lässt dieses gut sichtbar aus der Hosentasche lampen und geht zum Markt, wo ihm prompt ein Taschendieb das stibitzt.
Doch wie er zuhause ankommt, langt er in den Sack und der Geldscheisser ist wieder da. Dem Bauern wird es unheimlich und er schleudert die Kröte über einen Abgrund hinaus. Zuhause sitzt das Teufelsvieh wieder unbeeindruckt an seinem Stammplatz.
Der Bauer fürchtet sich zu Tode und eilt zum Kapuziner im Kloster um seine Geschichte zu erzählen. Der Pater runzelt die Stirn und meint, es gehe um Leben oder Tod sowie zumindest um das Seelenheil. Der Bauer solle ihm die Alraune (da frag ich mich, wie aus der Kröte eine Alraune wurde?) andernabends durch die Klosterpforte werfen und sich sofort in Sicherheit bringen.
Der Bauer tut wiederum, wie ihm geheissen.
Der Pater erwischt die Kröte und nagelt sie, in ein Kelchtuch gewickelt, an den Fuss des grossen Kruzifix.
Am andern Tage um Mitternacht taucht ein wilde Rotte Krieger vor dem Kloster auf, klirrt mit den Waffen und schreit, das Kloster solle ihren gefangenen Hauptmann freilassen oder sie würden es brandschatzen. Die Pater berieten sich, zitternd vor Furcht, angehörs des Kriegsgeschreis. Erst wie sie unseren Pater befragen, können sie sich Klarheit verschaffen und heissen ihn, die selbsteingebrockte Suppe nun auszulöffeln.
Der Pater tritt vors Kloster und hört sich die Forderungen der Meute an, lehnt aber die Herausgabe des Gefangenen ab, den müssten sie schon selber holen, was ihnen aber wegen Gottes Schutz verwehrt war.
Nach einigem -immer leiser werdendem- Geschrei will die Meute nun markten, weil sie merkt, dass mit Fuchten und Fausten nichts zu holen sei. Der Pater verlangt, dass 12 Goldsäcke bereitgestellt werden müssten, um den Hauptmann einzutauschen.
Schon bald stehen die 12 Goldsäcke vor dem Kloster und der Pater schleudert die Kröte in weitem Wurf zur Pforte hinaus. Ehe die Kröte auf den Goldsäcken landet, zerplatzt sie und ist für immer und ewig verschwunden.
Der Pater nimmt das Gold und lässt es in wohltätige Projekte fliessen.

Die Sage vom Geldscheisser findet sich insbesondere im Kanton Uri wieder in verschiedenen Fassungen, wobei man dann auch im Schächental sieht, dass die Alraune eventuell Allrünäli geschrieben sein sollte, was einem grünen Fröschlein entspräche, das Geld verdoppelt scheisst...

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